Der Goldene Tampon 2019 – der Preis für den sexistischsten Medienbeitrag des aktuellen Jahres

Sexistische Berichterstattung ist Alltag in Schweizer Redaktionen. Das feministische Zürcher Kollektiv Aktivistin.ch schaut in der Deutschschweiz seit 2016 genauer hin. Auf dem Blog medienpranger.ch sammelt und hinterfragt es sexistische Artikel. Der Pendlerzeitung 20 Minuten verlieh das Kollektiv am 16. Dezember den goldenen Tampon für den sexistischsten Medienbeitrag von 2019.
Frauen werden in der medialen Berichterstattung häufig auf ihr Aussehen und ihre Kleidung reduziert. Es wird öfters über ihr Liebesleben und ihre Sexualität berichtet als über ihre Leistungen, die oft auch in Frage gestellt werden. Morde an Frauen, sogenannte Femizide, werden in den Medien oft mit „Familiendramen“ betitelt.
So auch im Oktober 2019, als in Kitzbühel eine ganze Familie vom ehemaligen Partner einer jungen Frau ausgelöscht wird. 20 Minuten bezeichnet diesen Mehrfachmord in einer 1. Version als Familiendrama. Das Tüpfelchen auf dem i setzte der Titel des am 06.10.2019 erschienen Artikels: „Unter den Opfern war auch ein Eishockey-Goalie“.
Der Titel des Artikels lenkt vom eigentlichen Thema des Artikels ab: Ein Mann, der seine Ex-Partnerin und deren Familie sowie deren neuen Partner ermordet. Dass der ermordete Partner ein Eishockey-Goalie ist, spielt in diesem Fall nur eine untergeordnete Rolle. Die Heraushebung dieses Details relativiert die Ermordung der Ex-Partnerin und deren Familie. Femizide müssen als das benannt werden, was sie sind, nämlich Morde an Frauen, weil sie Frauen sind.
Die Ermordeten wurden einem Mann getötet, der aufgrund veralteter, gesellschaftlicher Normen glaubte, einen Besitzanspruch auf seine Ex-Partnerin zu haben. Durch die Verwendung von Begriffen wie „Familiendrama“ verharmlosen Medien Gewalttaten massiv und nehmen dadurch ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht wahr. Das ist inakzeptabel.

Leider verweigerte 20 Minuten die persönlich Annahme des Preises. Trotzdem wurde der Preis und eine kurze Nachricht mit mehr Gehalt als die morgige Titelseite dem freundlichen Empfangspersonal übergeben.

 

Medienpranger

 

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